DNT Weimar zeigt “Der Silbersee” von Kaiser und Weill


In der NSDAP-Parteizeitung, dem “Völkischen Beobachter” hieß es über die Leipziger Uraufführung: “Einem Komponisten wie Weill muss man mit Misstrauen begegnen, noch dazu, wenn er es sich als Jude erlaubt, für seine unvölkischen Zwecke sich einer deutschen Opernbühne zu bedienen.”

Auch der Generalmusikdirektor und künstlerische Leiter der Oper Leipzig, Gustav Brecher, der aus einer jüdischen Familie stammt und die Uraufführung dirigiert hatte, stand in der Kritik: “Das Beschämendste an dieser Angelegenheit ist, dass sich Gustav Brecher, zu derartigen musikalischen Belanglosigkeiten hergab. Ein Mann mit einigem Feingefühl hätte an diesem verantwortungsvollen Posten, ausgerechnet fünf Tage nach dem 50. Todestage Richard Wagners, mitten in den Gedenkfeiern der ihm leider immer noch anvertrauten Oper auf solche Darbietungen verzichtet.”

Stolperstein und Gedenktafel für Gustav Brecher

Es war aber ausgerechnet Gustav Brecher, der fast alle Wagneropern in seiner Intendanz seit 1923 ins Repertoire genommen hatte und so 1933 für ein Wagnerjubiläum bestens gerüstet war. Die Nazis mit Wagnerverehrer Hitler an der Spitze unterschlugen das und schmückten sich mit fremden Federn. Gut, dass die Oper Leipzig in der Intendanz Ulf Schirmer eine Probebühne nach Gustav Brecher benannt, eine Gedenktafel aufgehängt und einen Stolperstein vor das Opernportal gesetzt hatte.

Wagners 50. Todestag am 13. Februar 1933 ist Beginn der Wagnerfeiern in Gewandhaus und Oper. Die Uraufführung des “Silbersees” am 18. Februar also mittendrin mit den genannten Reaktionen. Am 27. Februar brennt der Reichstag in Berlin. Am 4. März 1933 dirigierte Gustav Brecher ein letztes Mal in der Leipziger Oper. Am 7. März verlässt er Deutschland. Dirigentenkollegen wie Fritz Busch in Dresden oder Gewandhauskapellmeister und Weltstar Bruno Walter werden ebenso verjagt. Brecher nimmt sich am 12. Mai 1940 in der belgischen Hafenstadt Ostende das Leben, aus Angst, den deutschen Besatzern noch in die Hände zu fallen.

Operndirektorin Andrea Moses hat den “Silbersee” in Weimar auf den Spielplan gesetzt und inszeniert. Kaiser habe seine Protagonist*innen erhoben zu selbstbestimmten, sich mit der Wirklichkeit auseinandersetzenden Wesen, in der Hoffnung, dass diese Fähigkeit im Theater vorgeführt werde und gleichzeitig im Zuschauer Früchte trage, sagt Moses. “Das es dann 1933 ganz anders kam, und die Uraufführungen von der SA gestürmt wurden, das Stück abgesetzt wurde, und auf den Index kam, spricht natürlich nicht unbedingt dafür, dass das funktioniert, was Kaiser und Weill dort wollten. Aber ich bin ein unverbesserlicher Optimist und denke mir, es könnte heute vielleicht auch wieder einen guten Anstoß geben, sich zu beteiligen.”

Angaben zu Stück
“Der Silbersee – ein Wintermärchen”
Schauspieloper von Kurt Weill mit einem Text von Georg Kaiser

Musikalische Leitung: Friedrich Praetorius
Regie: Andrea Moses
Dramaturgie: Michael Höppner / Beate Seidel
Bühne: Jan Pappelbaum
Kostüme: Meentje Nielsen

Termine:
21. Januar 2023, 19:30 Uhr (Premiere)
29. Januar 2023, 16 Uhr
10. Februar 2023, 19:30 Uhrs
23. Februar 2023, 19:30 Uhr
16. März 2023, 19:30 Uhr
14. April 2023, 19:30 Uhr
21. April 2023, 19:30 Uhr
01. Mai 2023, 18 Uhr

(Redaktionelle Bearbeitung: Cornelia Winkler)

Please follow and like us:

Leave a Reply

Your email address will not be published. Required fields are marked *